Mandanteninformation
Juli 2023

Privates Bau- und Architektenrecht

Wann wird gemäß MaBV die (letzte) Rate für die vollständige Fertigstellung fällig?

Zu der Frage, wann die Fälligkeit der Fertigstellungsrate gemäß § 3 Abs. 2 MaBV fällig wird, besteht zum Ende eines Bauvorhabens zwischen dem Bauträger und dem Käufer häufig Streit. Auch die Rechtsprechung ist uneinheitlich. 

Nach einer weit verbreiteten Ansicht ist eine vollständige Fertigstellung erst gegeben, wenn sogenannte Protokollmängel vollständig beseitigt sind. Das sind Mängel, die bei der Abnahme festgestellt werden. Auf die Beseitigung anderer, erst nach Abnahme aufgetretener bzw. entdeckter Mängel, komme es hingegen nicht an, noch nicht einmal dann, wenn sie wesentlich sind (so z.B. OLG Hamm, Urteil vom 03.07.2007, Az. 21 U 14/07). 

Nach anderer Ansicht sei die vollständige Fertigstellung mit der Abnahmereife gleichzusetzen, jedenfalls gehe sie nicht darüber hinaus (so z.B. OLG Schleswig, Urteil vom 02.10.2019, Az.: 12 U 10/18). Für diese Rechtsauffassung spricht, dass der Gesetzgeber im Zuge der Baurechtsreform davon ausgegangen ist, dass der Begriff der vollständigen Fertigstellung in der im MaBV nur voraussetzt, dass alle Leistungen erbracht und alle wesentlichen Mängel behoben sind (BT-Drucks 18/8486, Seite 49). Für diese Rechtsauffassung sprechen auch zwei weitere Argumente: Zum einen erscheint es unbillig, wenn der Käufer wegen eines noch verbliebenen geringfügigen Mangels, dessen Beseitigung gegebenenfalls nur 100,00 € an Aufwand nach sich zieht, die vollständige Rate (die häufig einen sechsstelligen Betrag ausmacht) zurückhalten könnte. Zum anderen ist der Käufer bei Fälligkeit der Rate nicht rechtlos gestellt, ihm steht hinsichtlich eines oder mehrerer noch verbliebener (nicht wesentlicher) Mängel ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht (regelmäßig in zweifacher Höhe der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten) zu. 

Nachschussklagen von Architekten, Ingenieuren

Die Frage, ob die bis zur HOAI 2013, dort § 7, geregelten Mindest- und Höchstsätze verbindlich sind, hat für Planerverträge, die ab dem 01.01.2021 geschlossen wurden, an Relevanz verloren. Denn nach der HOAI 2021 sind Honorare zwischen den Parteien grundsätzlich frei vereinbar. Weiterhin von Bedeutung ist diese Frage jedoch für Verträge, für welche die HOAI 2013 oder die HOAI in den früheren Fassungen gilt. 

Nach Erlass des Urteils des EuGH vom 18.01.2022 (Baurecht 2022, 527) hat der Bundesgerichtshof in zwei Urteilen vom 02.06.2022 (Baurecht 2022, 1515) und vom 03.11.2022 (Baurecht 2023, 255) zunächst für die HOAI 2013 und dann für die HOAI 1996 (in der Fassung 2002) entschieden, dass eine Unverbindlichkeit der Mindestsätze und die Wirksamkeit einer die Mindestsätze unterschreitenden Honorarvereinbarung im Verhältnis zwischen Privatpersonen nicht mit einer richtlinienkonformen Auslegung der sogenannten Dienstleistungsrichtlinie des europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt begründet werden kann. Umgekehrt heißt dies: Eine zwischen Privatpersonen unterhalb der verbindlichen Mindestsätze getroffene Honorarvereinbarung für Architekten- und Ingenieurleistungen ist unwirksam, die Höhe des Honorars bestimmt sich in diesen Fällen weiterhin nach den Mindestsätzen.

Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit auch nach Kündigung des Vertrages 

Nicht selten kommt es vor, dass ein Bauhandwerker von seinem Bauherrn während des laufenden Vertrages eine Bauhandwerkersicherung gemäß § 650f BGB verlangt, der Auftraggeber die ihm hierzu gesetzte angemessene Frist verstreichen lässt und der Bauhandwerker daraufhin den Vertrag gemäß § 650f Abs. 5 BGB kündigt. Daran schließt sich die Frage an, ob der Bauhandwerker trotz der Vertragskündigung weiterhin Anspruch hat auf eine Bauhandwerkersicherung. Diese Frage ist mit einem klaren Ja zu beantworten, da das Gesetz bezweckt, dass dem Unternehmer so lange ein Sicherungsinstrument zur Verfügung steht, wie sein Sicherungsinteresse fortbesteht, d. h. solange sein Vergütungsanspruch nicht vollständig befriedigt (oder rechtskräftig als unbegründet abgewiesen) ist. Nur ausnahmsweise kann das Sicherungsverlangen eines Unternehmers unter Berücksichtigung des § 242 BGB aus dem Gesichtspunkt des Tuen und Glaubens dann entfallen, wenn es sich als rechtsmissbräuchlich herausstellt. In der Praxis wird eine solche Rechtsmissbräuchlichkeit aber schwer nachzuweisen sein, zumal dem Sicherungsverlangen des Unternehmers auch andere Motive als die bloße Erlangung einer Sicherheit zugrunde liegen dürfen (OLG Naumburg, Baurecht 2023, 233) unter Verweis auf BGH Baurecht 2018, 526. 

Vorsicht bei Kündigungserklärungen per E-Mail 

Sowohl bei BGB-Bauverträgen als auch bei Bauverträgen, auf die die VOB/B vereinbarungsgemäß Anwendung zu finden hat, die ab dem 01.01.2018 abgeschlossen wurden, bedarf die Kündigung des Vertrages der Schriftform, eine Kündigung per E-Mail ist nicht wirksam. Einen entsprechenden Fall hatte das OLG München zu entscheiden (Baurecht 2023, 238). In jenem Fall wurde ein Bauvertrag nach dem 01.01.2018 abgeschlossen, der Auftraggeber kündigte diesen Vertrag vorzeitig per E-Mail. Das OLG München stellte fest, dass eine solche Kündigung unwirksam ist. Dies aus folgendem Grund: Gemäß § 8 Abs. 6 VOB/B ist die Kündigung schriftlich zu erklären. Gemäß § 126 Abs. 1 BGB ist in den Fällen, in denen durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben ist, die Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens zu unterzeichnen. Bei der VOB/B handelt es sich allerdings nicht um ein Gesetz, sondern um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Insoweit stellt § 8 Abs. 6 VOB/B keine gesetzliche Formvorgabe dar. Diese Tatsache führte nach altem Recht, also vor Inkrafttreten des § 650h BGB, dazu, dass § 127 Abs. 2 BGB anwendbar war, wonach zu Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form auch die telekommunikative Übermittlung, als auch die Übermittlung per E-Mail genügte. 

Für ab dem 01.01.2018 abgeschlossene Bauverträge enthält aber der seinerzeit neu eingeführte § 650h BGB eine entsprechende gesetzliche Regelung, wonach die Kündigung des Bauvertrages der Schriftform bedarf. Damit ist zwingend die Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB einzuhalten. Eine Kündigung per E-Mail ist deshalb unwirksam, selbst eine E-Mail mit angehängter PDF-Datei stellt keine wirksame Willenserklärung (Kündigung) dar.

Mietrecht 

Fälligkeit der Miete beim gewerblichen Mietvertrag 

Damit der Mieter eines gewerblichen, umsatzsteuerpflichtigen Mietverhältnisses gegenüber dem Finanzamt den Vorsteuerabzug geltend machen kann, benötigt er regelmäßig eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung. Wenn aber der Mietvertrag den Anforderungen für die Rechnungslegung nach Umsatzsteuergesetz nicht entspricht und der Vermieter dem Mieter keine Rechnung im Sinn von § 14 Abs. 2 Nr. 1 UstG ausstellt, ist dies für die Fälligkeit der Mietzahlung unerheblich. Die im Mietvertrag getroffene Fälligkeitsregelung gilt ungeachtet einer ausstehenden Rechnungsstellung. Die Rechnungsvorlage ist lediglich eine Nebenpflicht des Vermieters, stellt aber keine Voraussetzung für die Fälligkeit der Miete dar (OLG Brandenburg, Urteil vom 14.03.2023, Az. 3 U 16/22). 

Die Fälligkeitszeitpunkte der Mietzahlungen gehören zu den wesentlichen Vertragsbedingungen. Eine Abänderung der vereinbarten Zahlungstermine bedarf der Schriftform im Sinn von § 550 BGB in Form eines schriftlichen Nachtrags zum Mietvertrag. Treffen die Vertragsparteien anstatt dessen eine formlose Vereinbarung über die Verschiebung der Zahlungstermine, ist die gesetzliche Schriftform nicht mehr gewahrt. An die Stelle einer ursprünglich vereinbarten Festmietzeit tritt dann die ordentliche Kündbarkeit des Mietverhältnisses (OLG Hamburg, Beschluss vom 24.01.2023, Az. 4 U 141/22). 

Optionsrecht und Fristversäumung 

Ein im gewerblichen Mietvertrag enthaltenes Optionsrecht auf Verlängerung der Festmietzeit erlischt nach Ablauf der vereinbarten Optionsausübungsfrist endgültig und kann nicht wieder aufleben. Die mieterseitige Erklärung der Optionsausübung ist eine einseitige Gestaltungserklärung und als solche nicht formbedürftig im Sinn von § 550 BGB. Wenn aber der Mieter die Optionserklärung nach Fristablauf und damit verspätet abgibt und wenn der Vermieter diese Optionsausübung dann bestätigt, handelt es sich um einen Nachtrag zum Mietvertrag. Ein solcher Nachtrag zum Mietvertrag bedarf der gesetzlichen Schriftform, § 550 BGB. Die Nichteinhaltung der Schriftform führt zur Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit, verbunden mit der Möglichkeit der ordentlichen Kündigung (OLG Hamburg, Beschluss vom 18.08.2022, Az. 4 W 44/22).